Henri Nouwen

1932 HENRI NOUWEN SEIN LEBEN 1996 (von Susanne Niebler)

1932

Henri Jozef Machiel NOUWEN wird am 24. Januar 1932 als ältestes von vier Kindern in Nijkerk, Niederlande, geboren.
Sein Vater ist Anwalt mit besonderen Kenntnissen in Steuerrecht. Seine Mutter arbeitet als Buchhalterin im Geschäft der eigenen Familie.
Henris Kindheitsjahre fallen in die Zeit, als die Niederlande von Hitlers Armee besetzt wird. Schon als Kind will Henri Priester werden.
1950 beginnt er in Rijsenburg Theologie zu studieren (2 Jahre Philosophie mit eingeschlossen).

1957

1957 schließt er sein Studium ab und wird zum Priester geweiht.
Es folgt ein Psychologie-Studium in Nijmegen.

1966

Von 1966 bis 1968 geht Henri als Dozent (Notre Dame University) für Psychologie in die USA und schreibt seine ersten Bücher.
Er kehrt für einige Jahre in die Niederlande zurück, um in Amsterdam und Utrecht Psychologie und Pastoraltheologie zu lehren.
Sein Buch „Mit offenen Händen" (Über das Beten) erscheint.

1971

1971 entscheidet er sich für die Yale-Universität in USA und arbeitet als Dozent für Pastoralpsychologie und -theologie sowie Spiritualität.
Er veröffentlicht die Bücher „Schöpferische Seelsorge" und „Geheilt durch seine Wunden" und 1975 „Der dreifache Weg".
Henri ist auf der Suche nach Gotteserfahrungen und innerem Frieden. Er sehnt sich nach der wärmenden Gegenwart Gottes und übersieht, daß Gott ihm in allen Dingen längst nahe ist.

 

In einer siebenmonatigen Sabbatzeit lebt er im Trappistenkloster Genesee mit. Er versucht dort tief in die eigene Seele hinabzusteigen und schreibt darüber sein Buch „Ich hörte auf die Stille". Das Klosterleben löst seine Probleme nicht, er erkennt aber, daß das spirituelle Leben in den einfachsten, gewöhnlichsten Erfahrungen des Alltagslebens zu finden ist und daß es wichtig ist, Gott aus allen Problemen heraus zu loben. Er erkennt, daß es nicht mehr so wichtig ist, wie andere auf uns reagieren und ob wir erfolgreich sind, wenn Gott wirklich die Mitte unseres Lebens darstellt.
Bei einem fünfmonatigen Aufenthalt in Rom entsteht das Buch „Gottes Clown sein".

 

1978 stirbt Henris Mutter, zu der er eine enge Beziehung hat und die ihn stets auch in seiner spirituellen Entwicklung beeinflußte.
Er verarbeitet ihren Tod in dem Buch „Sterben, um zu leben".
Dann folgen die Veröffentlichungen „Gebete aus der Stille".

1981

Ende der 70er Jahre verstärkt sich Henris Interesse an Latein- und Südamerika.
Er reist 1981 nach Peru, um dort unter den Armen zu leben. Er nimmt an ihrem einfachen Leben teil. Von seinen Erfahrungen dort berichtet er in seinem lateinamerikanischen Journal „Wohin willst du mich führen?". Er fühlt sich aber letztendlich nicht berufen für ein Leben dort und kehrt nach Harvard in die USA zurück.
In der kommenden Zeit hält er Vorträge über Armut bei Rundreisen durch das Land, ist aber weder voller Professor und Dozent noch voller Missionar für die Armen.
Er ist nicht mehr zufrieden mit seinem Leben in der Öffentlichkeit, fühlt sich nicht mehr beheimatet inmitten von Wohlstand und den Gepflogenheiten der akademischen Welt. Er fühlt sich getrieben, hektisch, ruhelos - und abhängig von der Anerkennung und Bestätigung anderer. Henri ist auf der Suche nach dem Ort, wo Gott ihn haben will.

1985

1985 verbringt Henri auf Einladung von Jean Vanier, dem Gründer der „Arche", ein Jahr in Trosly, der ersten Gemeinschaft. Henri ist zunächst verunsichert. Wie soll er all die Talente - Reden, Schreiben, Analysieren - mit Menschen teilen, die kaum sprechen und auch nicht diskutieren können?
Dann läßt er sich auf dieses Abenteuer ein. Er erfährt dort im Leben mit geistig Behinderten die Fruchtbarkeit solcher Beziehungen.
Er lebt mit den „Armen im Geiste" eine sogenannte „Downward Mobility": er steigt zu ihnen nach „unten". Dabei treten seine Schwachheit und die eigenen Verwundungen und Behinde-rungen zutage. In diesem Jahr entsteht das Buch „Nachts bricht der Tag an", das von seinem Weg in die „Arche" erzählt.
Im Dezember 1985 ereilt ihn der Ruf nach Daybreak in die Arche in Kanada. Als er nach Daybreak kommt, ist dies für ihn wie eine Heimkehr nach langer Suche.
Er lebt dort mit 6 behinderten Mitbewohnern in einem Haus und wird der Seelsorger der Gemeinschaft. Die Behinderten werden ihm zu Lehrern, die eine Botschaft weitertragen. Was in der Arche zählt, sind echte Beziehung, wahre Freundschaft und verläßliches Zur-Stelle-Sein.
Er schreibt mehrere Bücher dort: „Adam und ich", „Die innere Stimme der Liebe" und während einer depressiven Sabbatzeit auch das Buch zu Rembrandts Bild vom verlorenen Sohn: „Nimm sein Bild in dein Herz".
Henri wird zum Lernenden. Seine Lehrer sind seine behinderten Mitbewohner. Vor allem der behinderte Adam wird zu seinem heilsamen Gefährten. Er scheint die einzigartige Berufung zu haben, andere zu heilen, so auch Henri. Adam hilft Henri, eine tiefere Spiritualität zu entwickeln. Er lehrt ihn, daß „Sein wichtiger ist als Tun".
Henri entdeckt durch die Behinderten auch, was die „Fleischwerdung Gottes" bedeutet.
Auf Vortragsreisen nimmt Henri immer behinderte Arche-Mitglieder als Begleiter mit.

1996

Im Jahr vor seinem Tod schreibt er ein letztes Tagebuch.
1996 begibt sich Henri auf die Reise nach St. Petersburg, um einen Film zu Rembrandts Gemälde, das sich dort in einem Museum befindet, zu drehen.
Er stirbt am 21. September bei einem Zwischenaufenthalt in seiner Heimat, den Niederlanden, an einem Herzinfarkt.

 

In der letzten Zeit vor seinem Tod beschäftigt Henri sich besonders mit den Akrobaten eines Zirkus, über die er ein Buch hatte schreiben wollen.
„Der Springer muß mit ausgestreckten Armen und offenen Händen darauf vertrauen, daß sein Fänger da sein wird."
Vielleicht ist er so in Gottes Arme gesprungen.